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BinMG 02_2014

Titelthema 5 gefordert. Wer erkennt, wer wann mit welcher Expertise in Ruhestand geht, wird seinen Betrieb nicht mehr wehklagend dem Schicksal überlassen, sondern handeln. Muss sich also unser Bildungssystem ändern? Sattelberger: Zu hoffen, dass das Schulsystem sich den innova- tiven Prozessen in der Wirtschaft von alleine anpasst, ist doch bescheuert. Vielmehr müssen die Unternehmen aktiv werden. Sie müssen handeln. Die Alternative kann doch sonst nur sein, das Geschäft aufzugeben. Muss sich dafür nicht auch der Nachwuchs ändern? Sattelberger: Junge Menschen müssen erst einmal gar nichts. Wir sind es, die Neugierde wecken und Interessen fördern müssen. Können Unternehmen denn in der Schulwelt für die Anfor- derungen der Berufswelt begeistern? Sattelberger: Der Ausbau der Ganztagsschulen eröffnet Chan- cen bei der Nachmittagsgestaltung und Spielraum für kluge und unaufdringliche außerschulische Angebote. Hier könnten sich Unternehmen gut einbringen, aber bitte nicht mit dem Werbe- schild. Sie sollten vielmehr technische und ökonomische Sach- verhalte auf spannende Weise anschaulich machen und nicht für einzelne Unternehmen und Berufe, sondern für ein Berufs- feld werben. Viele Unternehmen fragen sich bei solchen Ideen, was sie selbst davon haben. Was antworten Sie diesen? Sattelberger: Manchmal ist so eine Frage Teil des Problems. Uneigennützige Unterstützung zahlt sich aus. Junge Menschen reagieren nicht auf die Firma mit Reklameschild. Sie reagieren darauf, ob der Mensch, der mit ihnen spricht, vertrauenswürdig ist und ob er ihre Interessenslage aufnehmen kann. Dann ist das Firmenschild nebensächlich. Mancherorts in Deutschland haben wir nahezu Vollbe- schäftigung. Dort locken Unternehmen gut ausgebildete Fachkräfte aus NRW mit außergewöhnlichen Leistungen. Sogar Azubis werden schon mit Firmenwagen geködert. Hat der War for Talents schon begonnen? Sattelberger: Die Sprache ist verräterisch. Man führt nicht Krieg. Krieg würde heißen, man beklaut und bekämpft sich und treibt sich wechselseitig in eine Spirale, bei der man nur verlieren kann. Es geht aber nicht um Menschen-Diebstahl, sondern darum, Arbeitgeber-Image aufzubauen. Ich kann Unternehmen nur raten, sauber und reputierlich am eigenen guten Namen zu arbeiten. Dann brauche ich keinen Krieg, keine Söldner und keine Handgelder. Denn der gute Ruf spricht sich immer rum. Müssten also nicht längstens alle Unternehmen massiv aus- bilden, um sich ihren Nachwuchs auf Maß zu schneidern? Auch KMU in Employer Branding und Diversity investieren, um sich selbst ihre Zukunft zu sichern? Sattelberger: Wir müssen unerschlossene Talentreserven öffnen und Bildung zu einer Kernkompetenz in Unternehmen machen. Beispielsweise gibt es in Deutschland fast 1,4 Millionen Men- schen im Alter zwischen 20 und 29 Jahren ohne Ausbildung. Viele von ihnen arbeiten angelernt. Um dieses Potential effi- zient zu erschließen, haben Südwestmetall und der bayrische Arbeitgeber-Verband das System der Teilqualifikation in ihren Regionen implementiert. Eigentlich ist es uralter Kaffee, Berufs- ausbildung zu modularisieren. Aber so hat jetzt ein angelernter ohne Ausbildung die Chance, Stück für Stück Teilqualifikationen zu erwerben und schließlich zum Facharbeiter zu werden. Die ersten 500 haben das Angebot in Baden-Württemberg inzwi- schen zum Abschluss genutzt. Das ließe sich doch beispielsweise auch mit Mönchengladbacher Unternehmen als Pilotprojekt im Bereich Metall und Elektro mit dem hiesigen Arbeitgeberverband und der Kammer umsetzen. Herr Sattelberger, eine interessante Anregung. Wir danken Ihnen für das Gespräch und freuen uns auf Ihren Vortrag im September. Lesen Sie das ganze Interview auf www.wfmg.de Wirtschaftsgespräche im September Am 2. September 2014 ist Thomas Sattelberger Referent der diesjährigen Mönchengladbacher Wirtschaftsgespräche von WFMG und IHK Mittlerer Niederrhein. Thomas Sattelberger war lange Jahre als Arbeitsdirektor und Personalvorstand der Deutschen Telekom tätig. Er gilt als Initiator der 30-%-Frau- enquote in Telekom-Führungsriegen. Während seiner Zeit bei Lufthansa Passage initiierte er unter anderem die erste Cor- porate University in Deutschland. Bei der Lufthansa wie auch später im Vorstand der Continental setzte er sich besonders für Diversity Management ein. Heute ist er Vorsitzender der BDA-/BDI-Initiative „MINT Zukunft schaffen“ und Themenbot- schafter der Initiative Neue Qualität der Arbeit. Thomas Sat- telberger ist Buchautor, Kolumnist des Manager-Magazins und vom „Personalmagazin“ mehrfach zum führenden Kopf des deutschen Personalwesens ernannt worden. Für sein Lebens- werk wurde er 2013 in die „HR Hall of Fame“ aufgenommen. 04-07_Titelthema_02-2014.indd 5 30.06.14 16:08

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