Mönchengladbach bietet viele gute Gründe fürs Gründen – und ist gerade deswegen auch ein gutes Sprungbrett, um mit den vor Ort gemachten Erfahrungen auch anderswo zu punkten. In unserer Blog-Reihe präsentieren wir Gründerinnen (und nach und nach sicher auch ein paar Gründer), die am Niederrhein loslegten, die es aber woandershin verschlagen hat. Heute geht es um Melissa Baas, die mit der Gründung von Who’s Jack gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann einst den Entschluss fasste, die Jackfrucht langfristig auch in Deutschland bekannter zu machen. Mittlerweile lebt und arbeitet sie an der deutsch-belgischen Grenze.

Melissa Baas und Neuzugang Gonzo | Fotos: privat

Wo erwischen wir dich heutzutage?

Anfang 2020 hat es mich in das ca. 300-Seelen-Örtchen Hellenthal-Losheim an der deutsch-belgischen Grenze verschlagen. Gemeinsam mit meinem Mann und Mitgründer Julian, wohne ich nun seit fast einem Jahr in unserem selbstgebauten Eigenheim aus Holz und Lehm am südlichsten Punkt in NRW.

In Gladbach kannte man dich über das Startup Who’s Jack, mit dem du bis heute erfolgreich bist. Was ist die Idee dahinter?

Who’s Jack ist aus der Überzeugung heraus entstanden, den Bio-Anbau von Lebensmitteln in einem Entwicklungsland zu fördern, die Menschen vor Ort für das Thema weiter zu sensibilisieren und den Erhalt von Arbeitsplätzen zu unterstützen. In Sri Lanka lernten wir nach einer Rundreise die Jackfrucht in diversen Bio-Hausgärten kennen und lieben. Der Anbau in sogenannten Mischkulturen ohne die Anwendung von chemischen Düngemitteln, großen Maschinen sowie die Verwendung der jungen Früchte als Fleischalternative begeisterten uns so sehr, dass wir uns im Jahr 2017 dazu entschieden haben, Bio-Jackfrüchte nach Deutschland zu importieren.

Nach einigen Monaten der Markterprobung konzentrieren wir uns mittlerweile ausschließlich auf den Vertrieb unserer Produkte an Gastronomen sowie herstellende Betriebe. Unsere Jackfrüchte werden von interessierten Köchen sowie Lebensmittelherstellern zu veganen sowie vegetarischen Köstlichkeiten verarbeitet und angeboten.

Wie kam es dazu, dass das Unternehmen letztendlich in die Eifel verlagert wurde?

Vor allem unsere Liebe zur Natur mit dem langfristigen Ziel eines naturnahen und nachhaltigen Lebens hat uns in die Eifel geführt. Es war eine private Entscheidung, dem städtischen Trubel zu entfliehen, um Entspannung im Grünen zu finden. Auf unserem 8.000 m2 Grundstück haben wir unser Glück gefunden, bauen in unserem Bio-Garten Früchte und Gemüse für den Eigenbedarf an und üben uns in der Förderung der Artenvielfalt von Pflanzen und Insekten.

Inwiefern hat die Arbeit an und mit dem Startup den Weg für deine heutige Karriere geebnet?

Durch das selbstständige Arbeiten habe ich mich in relativ kurzer Zeit sehr vielen neuen sowie anwendungsorientierten Themen gewidmet. Angefangen von der Gestaltung eines Flyers, über die Erprobung von neuen Produkten, erweitert durch Controllingbezogene Schwerpunkte bis hin zur Neukundengewinnung, Bestandskundenpflege, Social Media sowie täglich anfallende Verwaltungsaufgaben. Mir war es wichtig, alle Themenbereiche kennenzulernen und mich täglich neuen Herausforderungen zu widmen. Eine Entscheidung, die ich heute nicht mehr missen möchte. Heutzutage laufen die Prozesse routiniert und geben mir die nötige Zuversicht auch in meiner zukünftigen Laufbahn selbstsicher, frei und vollkommen selbstständig arbeiten zu können. So hatte ich kürzlich die Idee, als Ergänzung zu Who’s Jack privates Camping für Naturliebhaber auf unserem Grundstück anzubieten. Für uns eine tolle Möglichkeit, auch weiterhin mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt zu treten und unsere Vision eines naturnahen Lebens zu teilen.

Welche Learnings aus der damaligen Zeit hast du für dich mitgenommen?

Gleich zu Beginn haben wir uns dazu entschieden, Who’s Jack ausschließlich aus eigener Kraft und mit eigenen finanziellen Mitteln aufzubauen. Auch wenn organisches Wachstum viele Vorteile mit sich bringt, ist es mühsam, zu jeder Zeit ausreichend liquide zu sein. Vor allem Ausgaben für marketingbezogene Aktivitäten, Kostenschwankungen oder Risiken beim Import können sehr kostenintensiv sein. So kam es in der Vergangenheit vor, dass wir nicht selten unser Gesellschafterdarlehen aufstocken mussten. Aus der Erfahrung heraus ist es daher sinnvoll, auch privat auf finanzielle Mittel zurückzugreifen. Ebenfalls mitgenommen haben wir, dass es bei einer eigenfinanzierten Gründung sinnvoll sein kann, eine Selbstständigkeit zunächst nebenberuflich aufzubauen. Das Gefühl der Sicherheit kann in schwierigen Momenten für deutlich weniger Kopfzerbrechen sorgen.

Und welche Tipps hast du für andere junge Gründerinnen und Gründer?

  1. Verliere nicht den Fokus: Vor allem am Anfang ist es schwierig, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und den Fokus nicht zu verlieren. Daher ist es sinnvoll, sich zunächst auf nur eine Zielgruppe und wenige Produkte zu konzentrieren.
  2. Sei flexibel: Bleibe anpassungsfähig und habe Mut zur Veränderung, falls es die Situation von dir verlangt. Vor allem in schwierigen Zeiten habe ich erkannt, dass es von Vorteil ist, nicht abhängig von anderen zu sein.
  3. Bau dein Netzwerk auf: Es ist wichtig, sich gleich zu Beginn ein Netzwerk in den richtigen Kreisen aufzubauen. Die Teilnahme an ausgewählten Messen und der Austausch mit anderen Start-ups bieten hier sehr gute Möglichkeiten.
  4. Sei geduldig: Wächst man organisch und aus eigener Kraft heraus, ist es wichtig die Geduld nicht zu verlieren und bei geringem Budget auf die Ausgaben zu achten.

Wie schätzt du die Startup-Szene in deiner neuen Heimat ein?

Bisher haben wir noch relativ wenig über die Startup-Szene in der Eifel erfahren. Generell beurteile ich den Standort dennoch als Ort mit vielen Möglichkeiten. Aus meiner Sicht bietet die Eifel ein gutes Umfeld, da z. B. Mieten für Büroräume, Lagerräume oder auch Gewerbeobjekte kostengünstiger zu haben sind als in der Stadt. Je nach Unternehmen kann auch die Nähe zu Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und Frankreich interessant sein. Vor allem in handwerklichen und landwirtschaftlichen Bereichen sowie in der Tourismusbranche schätze ich das Potenzial als relativ hoch ein.

Und wie blickst du von dort aus auf den Startup-Standort Mönchengladbach?

Insgesamt hat Mönchengladbach als Standort für Start-ups einiges zu bieten. Neben Co-Working Spaces, Messen für Start-ups und diversen Veranstaltungen können wir positiv über die Zusammenarbeit mit der Hochschule Niederrhein berichten. Die Gespräche mit der WFMG gleich zu Beginn haben uns in der Entwicklung unseres Startups und beim Aufbau eines Netzwerkes geholfen. Bei Rückfragen zu verschiedenen Themen hatte man immer einen Ansprechpartner.